12. Januar 2021

Meine Neujahrswünsche fürs Internet - Edition 2021

2020 war ein Jahr zum vergessen. Auch im Internet lief nicht alles rund: Grund genug für's neue Jahr ein paar (verwegene) Wünsche ans Netz und die Netzgemeinde zu stellen.

Weniger Click-Mania

Die Klickzahlen zu maximieren ist im heutigen Journalismus das oberste Gebot: Reisserische Headlines und polemische Artikel treiben die Klickraten nach oben. Ob sie relevant oder fundiert recherchiert sind, spielt keine Rolle. Die Klicks heiligen alle Mittel. Negative Schlagzeilen generieren mehr Aufmerksamkeit als positive News, bei Donald Trump und Corona sind die Klicks garantiert. In der Kakafonie und im Mediengedöhns bleibt vieles auf der Strecke. Hauptsache Klicks. Für das neue Jahr wünsche ich mir, dass die Medien sich vermehrt auf ihre eigentliche Rolle zurückbesinnen. Das mag zwar kurzfristig geschäftsschädigend sein, sichert aber Vertrauen, Glaubwürdigkeit und somit das langfristige Überleben. Darum: Bitte mehr fundierten Journalismus.

Mehr Anstand

Vor vielen Jahren bezeichnete der bekannte Werber Jean-Remy von Matt Blogs als «die Klowände des Internets». Spott und Häme brachen über ihn herein. Heute wettstreiten die sozialen Medien und die Kommentarspalten der Onlinemedien um diesen Titel. Ich verleihe ihn letzteren. In den Kommentarspalten tun sich Abgründe auf: Jeder kommentiert wild drauflos und bei manchem Kommentar fragt man sich: Wurde der Artikel zuvor überhaupt gelesen? Und schlimmer noch: Jeder, der die eigene Meinung nicht teilt, wird beschimpft und verunglimpft. Man fühlt sich moralisch den anderen überlegen - das Niveau ist aber unterirdisch. Wir haben verlernt andere Meinungen anzuhören, zu tolerieren und zu respektieren. Darum: Mehr Anstand beim Kommentieren.

Weniger Hysterie

Die sozialen Medien leben von Hysterie und Empörung. XY hat dies oder das gesagt und schon geht‘s los: Es wird fleissig geteilt, retweetet und wild drauflos kommentiert (siehe oben). Die Hysterie der Massen ist denn auch Brandbeschleuniger für «Fake News». Aber auch politische Parteien und NGOs haben diesen Mechanismus für sich entdeckt: Kampagnen müssen nicht nur emotional sein, sondern möglichst für einen Aufschrei sorgen und somit für maximale Aufmerksamtkeit. Das dauernde Hyperventilieren der Internet-Community nervt. Darum: cool down, relax. 

Weniger Rabbit Holes

Die Empfehlungsalgorithmen sind im Internet allgegenwärtig: «Wer dies gekauft hat, hat auch das gekauft», «Weil Dir XY gefällt, könnte Dir auch YZ gefallen», etc... Auch YouTube funktioniert für eingeloggte User nach diesem Prinzip. Dieses ist harmlos für Leute die nach Videos der besten Gitarrensolos suchen. Schwieriger wird es, wenn man sich ins Reich der Sagen und Mythen begibt. Wer sich (haarsträubende) Videos von Corona-Leugnern anschaut, wird weitere Empfehlungen zum Thema erhalten (auch per Push-Mitteilungen) und somit immer tiefer ins «Rabbit Hole» gezogen. Nicht umsonst wird YouTube immer wieder als «Radikalisierungmaschine» bezeichnet. Darum: mehr nette Katzenvideos in den Algorithmus einbauen statt die User immer weiter in den Kaninchenbau zu ziehen.

Weniger Cookie-Banner

Weniger Cookie-Banner

Seien wir ehrlich: Die Cookie-Banner nerven nur. Wir lesen nicht, was darauf steht, wir klicken sie instinktiv weg. Cookies sind per se ja nichts verwerfliches: «First Party Cookies», welche z.B. Warenkorb-Inhalte oder Spracheinstellungen speichern, sind für's Funktionieren von Websites oft essenziell. Die GDPR (General Data Protection Regulation), bzw. DSGVO (Datenschutz-Grundverordnung) ist gut gemeint und durchaus sinnvoll. Das eigentliche Problem wurde durch die Cookie-Banner jedoch nicht gelöst - wobei wir direkt beim nächsten Thema wären:

Weniger Tracking

Online-Medien verdienen ihr Geld mit Werbung. Die Werbenetzwerke verfolgen uns mit «Third Party Cookies» und «Device Fingerprinting» durchs Internet und erstellen Profile über unser Surf-Verhalten und unsere Interessen. Um uns dann mit «zielgerichteter» und «massgeschneiderter» Werbung bombardieren zu können. Fürs Marketing ein Traum. Für die User ein Albtraum.

Glücklicherweise intensivieren Browserhersteller wie Firefox und auch Apple ihre Bemühungen in Sachen Cross-Site-Tracking.

In wie weit Google (die grösste Werbemaschine der Welt) mit ihrem Chrome Browser nachziehen wird, ist nicht ganz klar. Immerhin möchte auch Google den Third Party Cookies den Stecker ziehen:

Happy New Year

Zum Schluss möchte ich allen ein ganz gutes und erfolgreiches neues Jahr bei bester Gesundheit wünschen. Darum: viel Kaffee (ähm ich meine Ingwertee...) trinken und lachen (z.B. beim Katzenvideos schauen).